Im Almdorf Reiteralm
Ich bin ein Mädchen vom Lande – zumindest an diesem schönen, langen Wochenende, das ich im abseits vom gewohnten städtischen Trubel gelegenen Almdorf Reiteralm verbringe.
Das Land ruft
Jedes Mal, wenn mein Blick vom Berg hinunter ins Tal schweift, macht mein Herz einen Polka-Tanz. Meine Brust hebt und weitet sich, füllt sich mit frischer Bergluft, so dass auch mein fröhlich hüpfendes Blutpumporgan mehr Platz bekommt. Hier ist nämlich Platz, überall, wohin man schaut. Platz und Freiheit, wie man sie nur oben am Berg spüren und in sich aufnehmen kann.
Ein beglückter Seufzer reißt sich von meinen Lippen los:
Das Gefühl, zu Hause zu sein, ist herrlich beruhigend!
Hüttenurlaub in den Bergen: Almdorf Reiteralm
Das Faszinierende an dieser Abgeschiedenheit ist, dass ich nicht genug davon bekommen kann. So gierig wie nach dieser betörenden Freiheit bin ich vielleicht nur noch nach Liebe … Apropos Liebe: Auch sie fühlt sich hier, im Almdorf Reiteralm, irgendwie anders an: lebendiger, zärtlicher, allumfassender. Vielleicht liegt es daran, dass das Herz so viel mehr Freiheit bekommt. Oder es einfacher ist, sein Herz für alles Schöne zu öffnen, wenn einen die tiefe Glückseligkeit des Zuhause-Ankommens überkommt.
Wie ich das vermisst habe, diese ländliche Idylle und den gerade so zahm wirkenden Charme der Berglandschaft. Hier scheint alles nach eigenen Gesetzen zu laufen, nach der eigenen Uhrzeit. Die Sonne geht mit dem ersten Hahngesang im Tal im Osten auf und etwas früher als gewohnt wieder „ins Bett“ hinter dem Gipfel. Wenn sich der Himmel ärgert, bringt er schnell und ohne Vorwarnung seinen Zorn in Regen- oder Sturmform auf die Erde hinunter. Das Licht ist greller und die Luft leichter. Wer das erkennt, möchte mit der Natur leben, nach ihren ungeschriebenen Gesetzen, ohne Zensur, Einschränkungen und „Wenn und Abers“…
Almhütte namens Glockenblume
So sitze ich in der verschlafen-morgendlichen Frühlingssonne draußen, auf der nach frischem, nassem Holz riechender Terrasse, vor meiner Komfort-Almhütte namens Glockenblume. Unsere private Sauna läuft gerade warm, doch die muss noch ein wenig auf mich warten. Noch habe ich nicht genug von diesem ergreifenden Weitblick. Es ist alles da, was ich brauche: Hüttenromantik mit Kaminfeuer, leichter Wind um die Nase wehend, friedliche Stille in der Luft und der unendlich weite blaue Himmel, einladend nah.
Eigentlich bin ja fast im Himmel. Denn ich bin hier daheim und das Landleben holt mich voll und ganz ein und hält mich „freiwillig-gefangen“. Vielleicht noch ein paar freche Ziegen auf der Weide und drei oder vier fröhlich-unbesorgt vor sich hin trödelnde Hühner auf der Wiese dazu, die schon ganz bald smaragd-grün zu leuchten anfängt,– dann ist mein Landglück perfekt!
Den Haustiermangel kompensiere ich am Pony-Stall, wo mich acht große schwarze Kugelaugen, zum Teil mit dem zerzausten Pferdehaar zugehängt, fragend anstarren. Ich streiche über die Dreadlocks des zigeunerisch schwarzen Tieres, welches mich neugierig anschnuppert. Ein paar Schritte weiter kann ich mit aufgeregten Ziegen sprechen und putzige Hasen beim friedvollen Faulenzen bestaunen.
Im eigenen Wellness-Refugium
Ist das „Tierliebe-Pensum“ erfüllt, kehre ich doch liebend gern in die Hütte zurück, wo auf mich bereits mein ganz persönliches Wellness-Ritual wartet: in der milden Wärme der eigenen Panoramasauna liegen und das von Natur erschaffene „Landschaftsgemälde“ durch das rechteckige Frontfenster anschauen, unersättlich lang. Wenn die kleinen Schweißperlen ein schützendes Netz auf meiner Haut bilden, gehe ich in die frische Luft hinaus, auf meine vor fremden Blicken geschützte Terrasse, und reibe mich mit dem vor den frühlingshaften Temperaturen bereits „kapitulierenden“ Schnee ein. Den Nachmittag verbringe ich auf der gemütlich-geschwungenen Liege unseres privaten Spa-Bereichs, ungestört, im riesigen Bildband Weltreise von Lonely Planet blätternd. Ich mustere die atemberaubenden Aufnahmen von Namibia, Costa Rica, Indien … Lasse mich kurz vom Fernweh packen. Doch als im Nebenzimmer der Kamin anfängt zu knistert, wird es mir bewusst, dass ich gerade nirgendwo anders sein möchte:
Ich gehöre einfach hierher …
Meine Gedanken fließen nun ruhiger und werden wieder gegenwärtiger: Ein bisschen wundere ich mich darüber, wie oft ich mich unter Menschen der Großstadt einsam fühle … Auf dem Berg bin ich zwar fast allein, dennoch nicht einsam. Der Dorfcharakter der liebevoll familiär geführten Anlage erlaubt viel Privatsphäre und, auf Wunsch, eine gute Portion Geselligkeit, sei es beim gemeinsamen Frühstück oder dem Fünf-Gänge-Dinner im dazu gehörenden Hotel Edelweiß oder in einem der modernen Chalets mit viel Raum und Platz für die ganze Familie und Freunde.
Wenn es nach mir ginge, würde ich mein privates Refugium im heimeligen Almdorf Reiteralm gar nicht mehr ohne Not verlassen. Wie sonst nirgends auf der Welt kann ich mich hier mir selbst widmen. Ich schweife erneut in meine Phantasiewelten ab, die mich von diesem gemütlichen „Eigenheim auf Zeit“ in meine eigene Almhütte bringen, die ich eines Tages haben werde.
Plötzlich finde ich mich auf einer geblümten Sommerwiese wieder, im hohen Gras liegend, ein Hund zu meiner Seite. Er schaut mich mit seinem treuen Blick ungeduldig an, versucht meine Handlungen vorherzusehen. Er will mit dem Wind um die Wette laufen, sich auf der warmen Erde wälzen, im Stroh toben. Doch ich will nur noch da liegen, den würzigen Duft der Almkräuter inhalieren und in die blaue Tiefe des Himmels starren!
Aus meinem Traum holt mich ein lautes, stumpfes Geräusch von draußen: Mein Mann hackt Holz vor der Hütte, um uns den wildromantischen Abend vor dem Feuertanz des offenen Kamins zu sichern. Ich beobachte aus meinem Versteck unbemerkt, wie genüsslich-geschickt er die Axt durch die Lüfte schwenkt! Auch er scheint seine wilde Landnatur in sich wieder entdeckt zu haben – was mir das selbstzufriedene Schmunzeln der Genugtuung in seinem Gesicht verrät, welches ich in solchen Momenten so wahnsinnig gerne ansehe. Die Bergluft tut ihm ebenso gut, wie das Gefühl, „Herr im eigenen Hause“ zu sein …
Der Berg ruft
Am nächsten Tag reißen wir uns aus unserem Dorfparadies los und geben uns eine gute Portion Bergnatur und Aktivität: Zu verlockend ist die Tatsache, dass wir von unserer Hütte direkt in das Skigebiet Schladming-Dachstein einsteigen können. Vier Berge stehen wie stramme Soldaten bereit für die letzten Skirunden des Jahres, frisch gezuckert mit dem Nachzügler-Schnee der Märznacht. Ausgepowert und zufrieden geht es nach vier Stunden zurück in das Almdorf Reiteralm, mit den Skiern direkt vor die Hüttentür – welch ein Luxus! Heute wartet eine weitere Belohnung in meiner privaten Spa-Oase auf mich: der Hot-Pot!
Doch vorerst ist etwas Axtarbeit angesagt: Der Hot Pot ist an seinen eigenen Kamin angeschlossen und will vorerst „Feuer fangen“, wie in den guten alten Zeiten bei der Oma. Als das Wasser warm genug ist, steige ich begeistert hinab, in die warm-dampfenden Tiefe des Holzfasses, ein Glas Rotwein in der Hand. Auch hier fehlt es nicht an Komfort: Stufen zum Hinsetzen, Kopfpolster, ein schwimmender Tisch … Mit einer Badewanne ist das kein Vergleich: Das Gefühl, in der freien Natur zu baden und doch so geschützt zu sein, ist einfach unbeschreiblich!
Als mein Finger über die Glaskante rutscht, entdecke ich den sehnsüchtig-weinenden Klang des Weinkelchs, genieße dieses unerwartete Musikspiel und verliere dabei das Zeitgefühl. Ebenso unerwartet faucht mich im nächsten Augenblick – im Einklang mit dem Bergnaturgesetz so ganz ohne Vorwarnung –, ein stürmischer Windhauch an: Ein Wetterchen zieht auf. Ich ziehe den Hot-Pot Deckel etwas weiter über mir zu und beobachte das Naturspektakel aus meinem warmen Versteck: Die Luft wird beweglicher und kälter, der Himmel dunkler und bedrohlicher – als würde sich mir ein ungestümes wildes Wesen nähern. Fasziniert und wie gefesselt sitze ich im Topf solange, bis es eine „Auflösung“ in Form vom Schneeregen gibt. Mittlerweile bin ich so erhitzt, dass sich die Schneeflocken auf meinen Schultern im Nu in Wasser verwandeln und einfach verdampfen. In mir breitet sich das grenzenlose Wohlbehagen aus – und die Erkenntnis:
Ich bin wohl doch ein Mädchen vom Lande …
Vielen Dank an das Almdorf Reiteralm für diesen schönen, unentgeltlichen Aufenthalt!